99. Jahrestagung

99. Jahrestagung

Entscheidungen treffen!
99. Jahrestagung der Thüringer Gesellschaft für Psychiatrie, Neurologie und Kinder- und Jugendpsychiatrie (TGPNK) 2025

Prof. Martin Walter leitet die lebhafte Diskussion zum Vortrag von Prof. Joseph Kambeitz (rechts).

Das Motto der Tagung vom 4. bis 5. April 2025 in der Fachhochschule Erfurt umfasste verschiedene Aspekte der Entscheidungsfindung in der Medizin. Erstmals wurde eine Teilnahme im Hybridmodus organisiert, gut angenommen, wobei die meisten Teilnehmer den persönlichen Kontakt und die vielfältigen Möglichkeiten der Begegnung wertschätzten. In bewährter Weise besuchten die Kolleginnen und Kollegen in Weiterbildung vor Tagungsbeginn die Facharztcurricula der jeweiligen Fachrichtung. Die Hauptvorträge orientierten sich eng an der Thematik. Professor Dr. Joseph Kambeitz (Köln) berichtete, wann und wie mittels statistischer Analyse großer Datenmengen (KI) eine Risikostratifizierung für Menschen mit einem erhöhten Psychoserisiko möglich ist und Entscheidungen bezüglich der therapeutischen Interventionen – z. B. über Art und Intensität psychotherapeutischer Interventionen – möglich sind. Auch das Auftreten eines metabolischen Syndroms bei Psychoseerkrankten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit vorherzusagen. Mit den eigenen Untersuchungen zur Wortflüssigkeit mittels KI – Computional thinking lassen sich kognitive Defizite als wichtiger Prädiktor maschinell erfassen.

Andreea Zielasko aus Eisenach (links) erhält den Theodor-Ziehen-Preis 2025 von der Vorsitzenden des Vorstandes der TGPNK, Dipl.-Med. Annekathrin Faour.

Kann die Sportpsychologie einen Betrag leisten zur Entscheidungsfindung in der Medizin? Dieser Frage stellte sich Professor René Paasch aus der Deutschen Sporthochschule in Köln und gab Antworten für Entscheidungen unter Stress und Zeitdruck, wie z. B. in medizinischen Notfällen mittels verbesserter mentaler und körperlicher Koordination. Dazu wurden verschiedene Methoden des mentalen Trainings, u. a. das PETTLEP-Modell und mentale Techniken (Gedankenstopp, Rationalisierungstechniken, Selbstgespräche, Affirmationen und Emotionsregulation) vorgestellt. Großes

Prof. Rene Paasch referiert zur Entscheidungsfindung in kritischen Momenten.

Interesse fand der leidenschaftlich vorgetragene und kritische Beitrag von Professor Florian Zepf (Jena) bezüglich der S2k-Leitlinie zu Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen (2024), in dem er die Spannbreite zwischen biologischem Geschlecht und Selbstinterpretation erörterte und auf die unzureichende Evidenz für die Anwendung von Pubertätsblockern und Cross-Sex-Hormontherapie sowie die ethischen Bedenken hinwies.

Am Folgetag wurde in der Rubrik Allaround- and Ragtag-Pharmakotherapie und Co. auf aktuelle therapeutische Entwicklungen der Fachgebiete eingegangen. Es folgten die Kurzvorträge der Ärzte und Psychologen in Weiterbildung und des wissenschaftlichen Nachwuchses im Wettbewerb um den Theodor-Ziehen-Preis. Andreea Zielasko aus der Klinik für Neurologie, klinische Neurophysiologie und Neurorehabilitation des St. Georg Klinikum Eisenach wurde mit ihrem überzeugenden Vortrag „Größer als gedacht – ätiologische Erklärungen des Alice Wonderland- Syndroms“ als Preisträgerin ausgewählt. Das Rahmenthema aufnehmend referierte Professor Bernhard Hemmer (München) sehr praxisnah über schwierige Entscheidungen in der Therapie der Multiplen Sklerose. Neben der Schubtherapie und den allgemeinen Maßnahmen wurde auf die Immuntherapie eingegangen, die frühzeitig begonnen und engmaschig kontrolliert dem klinischen Verlauf angepasst werden sollte. Eine Immuntherapie bei progredienter Multipler Sklerose ist nur sinnvoll, wenn sich noch Zeichen für einen entzündlichen Prozess finden. Während der Tagung fand turnusgemäß die Mitgliederversammlung der Thüringer Gesellschaft statt, in der die bisherigen Mitglieder des Vorstandes in einem „Wahlkampf“ bestätigt wurden. Nachdem Dipl.-Med. Annekathrin Faour (Erfurt) drei Wahlperioden lang die Vorsitzende des Vorstandes der TGPNK war, wurde

Dr. Alexander Strickler (Klinik für Neurologie Eisenach) in der Vorstandssitzung zum neuen Vorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreter sind Dipl.-Med. Bernd Preissner (Praxis Gotha) und Marius Müller (Ökumenisches Hainich Klinikum Mühlhausen). Der Vorstand der Gesellschaft möchte schon jetzt alle interessierten Kolleginnen und Kollegen zur besonderen 100. Jahrestagung der TGPNK vom 27. bis 28. März 2026 in die Rosensäle nach Jena einladen. Sie steht unter dem Thema: „Ein Jahrhundert Neuromedizin in Thüringen: was war, was ist, was kommt?“. Jeweils aktuelle Informationen sind unter www.tgpnk.de abrufbar.

Für den Vorstand der TGPNK:
Dipl.-Med. Bernd Preissner, Gotha
Dr. med. Richard Serfling, Weimar
Dipl.-Med. Annekathrin Faour, Erfurt