88. Jahrestagung

Die 88. Jahrestagung der Thüringer Gesellschaft für Psychiatrie, Neurologie und Kinder- und Jugendpsychiatrie fand am 26.04. und 27.04.2013 in den Räumlichkeiten des Christlichen Jugenddorfes Berufsbildungswerk Gera am östlichen Stadtrand von Gera statt.
Organisatoren waren die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie des SRH Wald-Klinikum Gera unter Leitung von Herrn Dr. Jochum und Herrn Dr. Schubert.

Das Christliche Jugenddorf Gera ist eine gemeinnützige Institution, in der Jugendliche mit einer geistigen oder Körperbehinderung oder einer psychischen Störung die Möglichkeit haben, verschiedenste Berufe unter angepassten (geschützten) Bedingungen zu erlernen.

Obwohl die eigentliche Tagung erst um 13.00 Uhr begann, herrschte bereits am Vormittag reges Treiben am Tagungsort, denn sowohl ein neurologisches als psychiatrisches Weiterbildungscurriculum zum Thema “Spinale Erkrankung – Querschnitt” bzw. “Spiritualität in der Psychiatrie” sowie “Frontotemporale Demenzen” fanden statt. Beide Curricula, welche das zweite Mal in Zusammenhang mit der Jahrestagung durchgeführt worden, waren ausgesprochen gut besucht.

Die Tagung selbst wurde an beiden Tagen von 120 bzw. 75 Teilnehmern besucht.

In der Plenarveranstaltung am Freitag, welche unter dem Rahmenthema “Das alternde Gehirn” stand, berichtete nach einführenden Worten unserer Vereinsvorsitzenden Frau Dr. Möller und nach einem Grußwort des Christlichen Jugenddorfes, Herr Prof. Förstl aus München eindrücklich über “Neurobiologische Grundlagen psychischer Störungen”. In dem sehr packenden Vortrag lag der Schwerpunkt des bekannten Demenzforschers und Buchautors auf einem historischen Abriss der Gehirnforschung. Aber auch ein Einblick in die aktuelle Entwicklung wurde angeboten.

Im Anschluss berichtete Herr Prof. Gaser, Leiter der Arbeitsgruppe Neuroimaging des Universitätsklinikum Jena, über die Möglichkeiten der MR-Morphometrie, Entwicklungs- und Altersvorgänge aber auch krankhafte Zustände, wie z.B. Demenzen, darzustellen. Morphometrische, computergestützte Auswertungsroutinen können zukünftig die Arbeit des Klinikers in der Diagnostik deutlich erleichtern.

Nach der Pause berichtete Herr Prof. Weiß, Lehrstuhl für biologische und klinische Psychologie der Universität Jena, über klinische Studien zum Thema Neurorehabilitation mit einem Schwerpunkt Plastizität des Gehirns nach Schlaganfall. Das Konzept der forcierten Beübung einer gelähmten Extremität bei einem Schlaganfallpatienten ist deutlich weiter entwickelt worden und hat seinen festen Platz im Bereich der Schlaganfallrehabilitation.

Zum Abschluss der Plenarveranstaltung berichtete Herr Prof. Fleischhaker, Kinder – und Jugendpsychiater der Universität Freiburg, über Langzeituntersuchungen zur medikamentösen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer schizophrenen Psychose und verglich dabei Daten von vor 30 Jahren mit aktuellen Katamnesen. In der Diskussion der Ergebnisse plädierte Fleischhaker für eine langfristige neuroleptische Therapie und eine konsequente rehabilitative Anschlussbehandlung in psychiatrisch betreuten Therapieeinrichtungen.

Abgeschlossen wurde die Veranstaltung am Freitag durch einen Vortrag von Frau Donnig, Architektin des Krankenhausneubaus in Gera, zum Thema “Krankenhausdesign als Erfolgsfaktor”. Sie zeigte in Bildern und Videos, wie das Konzept des Kulturkrankenhauses als durchgängiges Prinzip im SRH Wald-Klinikum Gera umgesetzt wurde und wird.

Am 2. Tag der Veranstaltung standen am Morgen drei Workshops auf dem Programm. Zunächst berichtete Herr Privatdozent Dr. Schmidt aus Bonn über die neusten Entwicklungen auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose. Durch schon eingeführte oder kurz vor der Einführung stehende neue Therapeutika werden die Entscheidungen für die behandelnden Kollegen schwieriger, die Chancen für die Patienten auf einen positiven Verlauf der Erkrankung aber auch höher. Jedoch erhöht sich auch das Risiko, eine schwerwiegende Komplikation im Zusammenhang mit den neuen Therapien zu erleiden.

Der zweite Workshop-Beitrag kam von Herrn Prof. Hautzinger, Psychologe und Psychotherapeut aus Tübingen, welcher anschaulich schilderte, dass verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie beim älteren Menschen durchaus Erfolg verspricht. Auch gab der Beitrag den Zuhörern die Möglichkeit, über eigene Verhaltensweisen nachzudenken und der Depression im Alter vorzubeugen.

Im dritten Beitrag berichtete Herr Dr. Amlacher, früherer Ärztlicher Direktor der Asklepios Fachklinik Stadtroda und seit 10 Jahren Gerichtsgutachter, eindrücklich in freier, druckreifer Rede über Fallstricke der Tätigkeit als psychiatrischer, insbesondere forensische Gutachter; ein sehr informativer Beitrag, auch für “reinste” Neurologen.

Im Weiteren schloss sich der traditionelle Teil der freien Vorträge an. Es waren insgesamt 11 Vorträge zu Themen der drei Fachgebiete zu hören, überwiegend vorgetragen von jungen Kolleginnen und Kollegen.

Nach einer Vorauswahl durch den Vorstand der Gesellschaft und einer abschließenden TED-Abstimmung bestand große Einigkeit darüber, dass der Vortrag “Gibt es Schlaganfallwetter?” von Herrn Dr. Florian Rakers, Klinik für Neurologie der Universität Jena, den diesjährigen Theodor-Ziehen-Preis erhalten sollte.

Einer langen Tradition folgend bildete den Abschluss des wissenschaftlichen Teils der Tagung ein Vortrag über eine historische Persönlichkeit, in dem Fall über den Geraer Maler Herbert Enge, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 100.Mal jährt. Herr Jakobson, Kurator aus Gera, zeigte Gemälde und Zeichnungen verschiedenster Stilrichtungen, berichtete aber auch über das schwierige Leben des Malers, welches geprägt war durch die Auseinandersetzung mit der DDR und ihren einengenden Einfluss auf die bildenden Künste.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Besuch im Geraer Kabarett “Fettnäppchen”, aber auch durch lebhafte Diskussionen in den Pausen und am Ende der Veranstaltung.

Im Rahmen der Jahrestagung wurde auch der Vorstand bei einer Mitgliederversammlung neu gewählt. Darüber wird auf der Internetseite des Vereins separat berichtet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Gesellschaft und die Organisatoren der Tagung sowohl hinsichtlich der Teilnehmerzahl als auch der Themenauswahl zufrieden waren; auch zeigte sich, dass das Thema der Veranstaltung “Alterserkrankungen im psychiatrisch-neurologischen Bereich” auf breiten Anklang gestoßen ist.

Durch die Einbindung der Curricula gelang es, das Interesse auch bei den jüngeren Kolleginnen und Kollegen für die Veranstaltung zu wecken, um diese lang gepflegte Tradition zu erhalten.