90. Jahrestagung

Von ganz dick bis ganz dünn ….

Die Thüringer Gesellschaft für Psychiatrie, Neurologie und Kinder- und Jugendpsychiatrie beschäftigte sich anlässlich ihrer 90. Jahrestagung am 8. /9.5.2015 in Nordhausen mit lust- und leidvollen Aspekten des Essens.

Der Mai ist traditionell der Monat, in dem die Thüringer Gesellschaft für Psychiatrie, Neurologie und Kinder- und Jugendpsychiatrie das Land bereist und sich an einem ihrer Klinikstandorte zur Jahrestagung trifft. Die nunmehr 90. Jahrestagung fand in diesem Jahr in Nordhausen statt. Am Südharzklinikum sind alle drei Fächer vertreten und so luden die drei Chefärzte, Bettina Wilms (Psychiatrie; Psychotherapie und Psychosomatik), Rüdiger Wenzel (Neurologie) und Philip Heiser (Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik ) als Gastgeber die Teilnehmer ein, über etwas nachzudenken, was in unserem beruflichen Alltag zunehmend mehr Raum einnimmt: die Essgewohnheiten unserer Patienten und damit oft auch das Gewicht, mit dem sie sich in unsere Behandlung begeben. Unter dem Titel „Essen: Lust und Leid“ waren ausgewiesene Referenten eingeladen worden, den thematischen Hauptteil der Tagung am Freitag zu gestalten.

Auch in Zeiten eines Bahnstreiks gelang es, die nötige neuropsychiatrische Gelassenheit zu bewahren und mit der einen oder anderen Unwägbarkeit kreativ umzugehen. Das neue Bürgerhaus im Zentrum Nordhausens präsentierte sich als hervorragend ausgestatteter Ort, Teilnehmern, Organisatoren, Referenten und Sponsoren eine angenehme und professionelle Atmosphäre zum Nachdenken, Austauschen und Diskutieren zu bieten.

Wie schon seit Jahren etabliert, fanden am Vormittag des 8.5. die Facharztcurricula der drei Fächer statt. Im Anschluss begann das Hauptprogramm nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden der Thüringer Gesellschaft für Psychiatrie, Neurologie und Kinder -und Jugendpsychiatrie, Prof. Dr. Gustav Pfeiffer, mit einem Vortrag aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

PD Dr. Uwe Berger stellte den Teilnehmern der Tagung ein Präventionsprogramm gegen die Entwickung von Anorexien bei Jugendlichen vor und berichtete über die Studienergebnisse zu den Effekten dieser Interventionen.

Prof. Dr. Stephan Herpertz, ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Essstörungen, gab dann einen Überblick über die im wahrsten Sinne des Wortes Breite der Thematik: in seinem Vortrag spannte er den Bogen von den Anorexien bis hin zur schweren Adipositas und deren Behandlungsmöglichkeiten inclusive der Prognose auf.

Prof. Dr. Dr.Wolfram Döhner vom Zentrum für Schlaganfallforschung Berlin, eigentlich von Haus aus Kardiologe, wandte sich nach diesem Auftakt der Frage des Obesity paradox zu und entfachte eine ausgesprochen lebhafte Diskussion: Sollten wir im Bereich der chronischen Erkrankungen älterer Patienten, also auch z.B. in der Behandlung von Schlaganfallpatienten, möglicherweise das ärztliche Mantra der letzten Jahre verlassen und mit dem Rat zur Gewichtsabnahme in dieser Patientengruppe vorsichtiger umgehen?

Im Museum Tabakspeicher, das in diesem Jahr sein 20. Bestehen feiert, erhielten die Tagungsteilnehmer dann auf einem Weg durch die Geschichte Nordhausens einige Anregungen in Sachen Tabak und Spirituosen, bevor es dann auch dort zum Abendessen ging.

Ganz im Sinne der Thematik der Tagung konnten am Morgen des 9.5. auf einer Jogging-Tour durch die Nordhäuser Altstadt die Kalorien des Abends wieder verbrannt werden…

Im wissenschaftlichen Programm folgten Vorträge zu aktuellen Themen der Pharmakotherapie. Hier wurde erneut der Umfang und die Unterschiedlichkeit der Fächer deutlich: so fasste Herr Siegfried Richwien aus pharmazeutischer Sicht die Behandlungsoptionen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit den Worten „ aktuell wenig Neues“ zusammen.

Prof. Dr. Ralf Schlösser unternahm in knapp 30 Minuten erfolgreich den Versuch, den aktuellen Stand in der Erwachsenenpsychiatrie zusammenzufassen und dabei die Diskussion um die Auswirkungen einer langjährigen Neuroleptika-Medikation nicht außen vor zu lassen.

Dr. Björn Wito Walther beendete diesen Tagungsabschnitt mit der komprimierten Darstellung der Neuerungen des letzten Jahres in der Therapie der wichtigsten neurologischen Krankheitsentitäten.

Der Tradition der Tagung folgend, schlossen sich die Kurzvorträge junger Thüringer Nachwuchswissenschaftler an: in diesem Jahr mit sehr unterschiedlichen Themen der drei Fachgebiete und sehr spannenden Präsentationen. Dennoch konnte der Theodor-Ziehen-Preis nur einmal vergeben werden: nachdem die Teilnehmer ihre Stimme abgegeben hatten, entwickelte sich ein spannendes Kopf-an Kopf-Rennen, dass letztlich Frau Janine Lenk aus Weimar mit ihrem Beitrag “Febrile Katatonie oder Bakterielle Meningitis?” für sich entscheiden konnte.

Wir bedanken uns bei allen, die zu dieser gelungenen Tagung beigetragen haben und freuen uns, im nächsten Jahr in Eisenach zu Gast sein zu können, wo im Frühjahr 2016 die 91. Jahrestagung der Gesellschaft stattfinden wird.

Bettina Wilms,
Philipp Heiser,
Rüdiger Wenzel